Cover
Titel
Autoren und Apparate. Die Geschichte des Copyrights im Medienwandel


Autor(en)
Dommann, Monika
Erschienen
Frankfurt am Main 2014: S. Fischer
Anzahl Seiten
427 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Jens Jäger, Historisches Institut, Universität zu Köln

Wie jedes bei Verlagen erschienene Buch ist auch Monika Dommanns ursprünglich als Habilitationsschrift an der Universität Zürich entstandene Arbeit einer einzelnen Person als Autorin und Urheberin zugeordnet. Daraus leiten sich Rechte und ökonomische Verwertungsmöglichkeiten ab. Landläufig erfreut sich die Tatsache, dass Autoren und Verlage ökonomischen Nutzen aus der Veröffentlichung von Texten ziehen, einer grossen Zustimmung. Ebenso landläufig ist aber auch, dass viele Nutzer und Nutzerinnen kaum das Gefühl eines Rechtsbruchs empfinden, wenn sie einen solchen Text kopieren und eben nicht kaufen. Oft genug widerstreiten die Interessen von Urhebern, Verbreitern und Nutzern, und dies wird sowohl in der kulturellen wie in der ökonomisch-rechtlichen Sphäre verhandelt. Das kommt auch daher, dass mit Texten, wie überhaupt mit «geistigem Eigentum», treffliche Geschäfte möglich sind. Daher ist seit der Frühen Neuzeit und ihrer Privilegierung des Individuums – und insbesondere der individuellen Schöpferperson – immer wieder um Rechte gestritten worden. Oft ging und geht es um materielle Vorteile, oft aber auch um Anerkennung von Originalität und Ehre.

Monika Dommann präsentiert einen Ausschnitt aus diesen Auseinandersetzungen um Urheber- und Verwertungsrechte. Der von ihr abgedeckte Zeitraum setzt mit der ersten «modernen» Kodifizierung des Copyrights Mitte des 19. Jahrhunderts ein und endet mit den Debatten zum Ende des 20. Jahrhunderts. Ihr Blick richtet sich dabei vornehmlich auf Europa und Nordamerika, streift aber auch andere Rechtsräume. Beispiele bilden vor allem die Frage nach der Regulierung der Rechte an Musik sowie die Grundsatzdiskussion um das Kopieren von Texten, namentlich im wissenschaftlichen Bereich. Zentraler Ausgangspunkt ist eine kulturhistorisch und -wissenschaftlich orientierte Analyse der Diskurse; hierbei stehen rechtshistorische und -dogmatische Fragen eher im Hintergrund. Dagegen spielt der medienhistorische Kontext eine wichtige Rolle; aber Dommann geht nicht davon aus, dass das Copyright ausschliesslich aufgrund von technischen Innovationen herausgefordert worden sei, sondern plädiert für eine Mehrfachperspektive, da neue technische Lösungen immer in bestehende mediale, kulturelle und juristische Zusammenhänge eingeordnet werden.

Zwar ist die Frage des Copyrights prinzipiell kontinuierlich, doch unterscheidet Dommann drei Perioden, die erste von Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs; eine zweite von 1914 bis 1945 und eine dritte, die von der Nachkriegszeit bis in die 1980er Jahre reicht. Es sind jeweils Zeiträume, in denen die Intensität der Auseinandersetzung gerade in transatlantischer Perspektive besonders ins Auge fällt.

Der gut lesbare und wohltuend knappe Text kann die Verflechtungen der Diskurse gut darlegen, historisiert die Geschichte des Copyrights gekonnt und verdeutlicht, dass sich die Interessengruppen immer wieder neu formieren und Kompromisse aushandeln müssen. Die Figur des Autors erscheint dabei letztlich immer strukturell schwächer – abgesehen von jenen, die sich grosser Nutzerzustimmung erfreuen –, Verlage und Verwertungsgesellschaften tendenziell in der günstigeren Ausgangsposition. Auch wird deutlich, dass viele grundsätzliche Probleme des Copyrights schon früh angegangen wurden, lange vor der Ära elektronischer Medien- und Kommunikationstechniken. Die Arbeit erschliesst Quellen und verweist auf Dokumente, die für vielfältige historische Fragestellungen fruchtbar gemacht werden können, auch ein grosses Verdienst der Autorin.
Bedauerlich bleibt, dass jenseits der Fragen nach Musikaufnahmen und der je aktuellen Kopiertechniken von Text kaum ein Wort über die klassische Urheber- und Verwertungsrechtspraxis bei Texten, vor allem Belletristik und Literatur, fällt und der gesamte Bereich von Bildern, von der Malerei bis hin zur Gebrauchsgrafik, ausgeblendet bleibt. So ist etwa das Jahr 1867, in dem im Norddeutschen Bund die Schutzrechte für Werke von vor 1837 verstorbenen Autoren endeten, für den Umgang mit dem Urheberrecht durchaus ein Impuls gewesen. Auch die Frage des Kopierens von Gemälden, sei es durch Stiche oder Lithografie, sei es später durch Fotografie, hat nicht unerhebliche Auswirkungen gehabt. Ferner verkomplizierte sich die Lage bei der Fotografie von Personen zusätzlich dadurch, dass die Frage nach Persönlichkeitsrechten berührt wurde (wer darf unter welchen Umständen auch gegen seinen ausdrücklichen Willen fotografiert werden?). Selbstverständlich aber kann nicht jeder Leserwunsch erfüllt werden, und Dommann bemerkt einleitend ja auch, dass sie sich auf die beiden exemplarischen Fälle Fotokopie und Musikaufnahme beschränkt. Und diese Fälle werden sehr gut aufbereitet und geklärt. Der Hinweis auf die Leerstellen sei hier nur gemacht, um den Charakter einer Pionierstudie zu betonen, die Dommann vorgelegt hat.

In jedem Fall zeigt Dommanns Arbeit, wie fruchtbar und lohnend es ist, sich
mit der Materie zu befassen. Sie ist ein wichtiger Markstein zu einer umfassenden,
transnationalen Mediengeschichte von Rechtsnormen.

Zitierweise:
Jens Jäger: Monika Dommann, Autoren und Apparate. Die Geschichte des Copyrights im Medienwandel, Frankfurt a.M.: S. Fischer Verlag, 2014. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte Vol. 66 Nr. 1, 2016, S. 192-193.